Wie konnte es in unseren Kultur-Hochländern, wie es Deutschland, Österreich oder die Schweiz sein wollen, nur so weit kommen, dass Kunst und Kultur ganz offenbar ihren Wert verloren haben? Wieso müssen vor allem frei und selbständig arbeitende Künstler auf unseren Bühnen inzwischen zu Dumpinglöhnen und armseligsten Bedingungen arbeiten?
Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Die wenigsten von uns wehren sich dagegen, denn wir fürchten um unsere nackte Existenz, meist verbunden mit der Sorge, nie mehr ein Engagement in diesem oder jenen Haus zu erhalten. Wir haben das Nein-Sagen verlernt!
Selbst hier auf unserer Facebook-Seite liest man immer wieder das Argument: Ist der Künstler doch selbst schuld! Schließlich akzeptiert er mit seiner Unterschrift die Vertragsbedingungen.
Dieses Argument geht jedoch an jedem Arbeitnehmerschutzrecht vorbei, das in langwierigen Arbeitskämpfen vieler Generationen hart errungen wurde. Das Arbeitsrecht soll uns einzelne ja gerade dann schützen, wenn wir keine Alternativen mehr haben. Und Schutz braucht man eben dann, wenn man sich selbst nicht mehr helfen kann.
Hinzu kommt, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad gerade bei freischaffenden Künstlern leider minimal ist. Veranstalter nutzen diese Situation ganz bewusst aus, zur Kostensenkung mittels schlechter Arbeitsbedingungen. Machen wir uns nichts vor: Hartz IV hat den Druck auf die Menschen stark erhöht, jedes Arbeitsangebot oder Engagement anzunehmen. Schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung werden, wo es keine Alternative gibt, akzeptiert. Von den oft hilflosen Arbeitsvermittlern, die mit den vielen Berufsfeldern der Darstellenden oder Bildenden Kunst überhaupt nichts anzufangen wissen, wollen wir gar nicht erst beginnen.
Wenn man uns betroffenen Künstlern also einen Vorwurf machen will, dann den, dass wir uns viel zu wenig organisieren und solidarisieren, sei es in Interessenverbänden oder Gewerkschaften. Wir haben uns zu spät klar gemacht, dass wir unsere Lage nur durch eine konsequente kollektive Interessenvertretung verbessern können. Wenn wir das nicht endlich tun, werden sich die schlechten Bedingungen kaum ändern. Als Einzelner können wir zwar einen Rechtsstreit führen und den möglicherweise auch gewinnen. Ein weiteres Engagement werden wir dort aber sicher nicht mehr bekommen, wenn es im Haus nicht einen Betriebsrat gibt, der den Konflikt für uns mit dem Arbeitgeber austrägt.
Die Zeit scheint reif für einen großen Zusammenschluss zu sein! Endlich wissen wir, dass wir nicht alleine mit diesen erniedrigenden Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben. Endlich spüren wir jemanden an unserer Seite! Endlich erwacht auch das Theaterpublikum langsam aus seinem Dornröschenschlaf! Endlich gibt es Solidaritätsbekundungen über alle Genres hinweg! „ART BUT FAIR“ soll und wird mit der Unterstützung aller ein Interessenverband werden, der den Finger in die Wunde legt, die Goldenen Regeln – an denen wir noch arbeiten (siehe unten) – wollen ein Grundgerüst an Orientierung bieten, was wir von uns selbst, aber auch von anderen erwarten dürfen und müssen.
In der Zwischenzeit können wir nur zu einem ermutigen: Endlich NEIN zu Arbeitsbedingungen und Gagen zu sagen, die nicht nur jedem einzelnen schaden, sondern letztlich unserem gesamten Berufsstand als Künstler!
Sagt in Zukunft einfach: NEIN!!!
(Johannes Maria Schatz)