Sehr geehrter Herr Dr. Bischof Ackermann,

Als ehemaliger Leiter des von Ihrem Amtsvorgänger Bischof Hermann Josef Spital ins Leben gerufene Jugendbildungszentrums Marienburg habe ich aus der Ferne und doch mit Entsetzen Ihre Ankündigung vernommen, diesen auf einen über 1.400 Jahre kirchlichen Brauch zurückblickenden spirituellen Ort aufzugeben.

Zudem wollen Sie ja nicht irgendein Jugendhaus schließen, sie beenden eine 70jährige Tradition DES Jugendhauses Ihres Bistums! Dort wo seit 14. April 1952 Generationen von aktiv wirkenden Gläubigen ihre spirituelle Heimat gefunden haben, wollen Sie die Tore verriegeln.

Dabei beziehen Sie eben jene, die Jugendverbände, die dort hauptamtlich Tätigen, aber auch die Gläubigen und die politisch Verantwortlichen vor Ort nicht mit in Ihre selbstherrliche Entscheidung ein. Wieder einmal fällt ein Oberhirte sein Urteil im Hinterzimmer. Die Begründung liest sich wie ein Offenbarungseid des theologischen Versagens: Den tausenden Gläubigen, die sich wie einst in Tabgha um Jesus versammelt hatten, rufen Sie in der Trierer Abenddämmerung zu. „Hier habe ich für euch kein Brot und keine Fische mehr. Pilgert weiter zu einem andern Ort. Dort will ich sie euch vielleicht dann geben.“

Ausgerechnet den Mons Sancti Petri wollen Sie für Silberlinge verschachern? Wie der Spingiersbacher Abt Johann Print von Horchheim vor rund 500 Jahren Ihrem Amtsvorgänger, der aus dem frommen Frauenkloster eine militärische Festung machen wollte, entgegen geschleudert hat: „Aut Marienburgum, aut nihil“, fordere auch ich Sie dazu auf, Ihre kleingläubige Entscheidung zu revidieren. Noch haben Sie hunderte wahrhaft Glaubende, die mit Ihnen zusammen diesen heiligen Ort weiterhin als Zentrum der Spiritualität und des ökumenischen Erwachsenwerdens gestalten wollen.

Herr Dr. Ackermann, auch für Bischöfe ist es immer Zeit umzukehren! Setzen Sie sich mit den bereits organisierten Menschen vor Ort, den Jugendverbänden und den Fachstellen an einen Tisch und vertrauen Sie auf den Heiligen Geist, der eben nur dort weht, wo es Menschen guten Willens gibt. Sie dürfen die Marienburg nicht schließen! Im Gegenteil: Sie sollten sie schützen, bewahren und ausbauen! Viel zu viel steht für Ihr Bistum auf dem Spiel.

Ich bin mir dessen bewusst: Dazu bedarf es Mut. Aber was wäre aus dem Volk Israel geworden, hätte sich Mose damals auf den gefährlichen Weg hinaus aus Ägypten nicht eingelassen oder hätte sich der kleine Hirtenjunge dem Riesen Goliath nicht entgegengestellt? Was für eine Zukunft hätte der neue Bund gehabt, hätte sich Maria der Botschaft Gabriels verweigert oder Josef seine schwangere Verlobte verlassen?

Habe ich dir nicht befohlen: Sei mutig und stark? Fürchte dich also nicht und hab keine Angst; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir überall, wo du unterwegs bist.“ So verheißt es Gott in Josua 1,9.

Bischof Ackermann, treffen Sie eine mutige Entscheidung für die Marienburg und verstecken Sie sich nicht hinter Zahlen!

In heiligem Zorn hochachtungsvoll

Johannes Maria Schatz

Ein Appell

Unsere Kulturstaatsministerin, Frau Dr. Grütters, nennt die Hilfe für tausende freischaffende, solo-selbstständige KünstlerInnen beschönigend „Sozial-Schutz-Paket“, was in Wahrheit aber nichts anderes als die Abschiebung in das Arbeitslosengeld II, sprich „Hartz IV“, ist.

Wieso? Die allermeisten KünstlerInnen-Hilfspakete von Bund und Ländern werden nur dann positiv beschieden, wenn die Beantragenden nicht etwa entgangene Gagen, sondern laufende Betriebsausgaben geltend machen können. Genau das aber haben sie natürlich nicht. TänzerInnen, SängerInnen, MusikerInnen und SchauspielerInnen haben ebenso wenig Ausgaben für eigene Büros oder Firmenwagen wie sie Liegekosten für ihre eigene Yacht aufbringen müssen.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, wurde ein „erleichterter Zugang“ zu Hartz IV versprochen, aber nicht gehalten. Das für viele erniedrigende Verfahren stellt sich als Tortur heraus! Die Kommentarspalten sind voll von Beispielen: Neben den üblichen einhundert Formularen, werden auch noch Nachweise verlangt, ob denn bspw. Warmwasserboiler in der Wohnung seien und wie denn derzeit das PayPal-Konto aussehe. Ist dieser Antragsmarathon endlich vorüber, werden dann teilweise Einreichungen verschlampt oder Anträge gehen gleich gänzlich verloren.

Um nicht missverstanden zu werden: Diesen Vorwurf richten wir gar nicht an die Sachbearbeiter in den Jobcentern. Es sind die Vorgaben und Richtlinien der Politik, die hier scheitern, allen voran das Versagen unserer Kulturstaatsministerin, die ihre KünstlerInnen erbärmlich im Stich lässt! Wahrscheinlich ist genau das auch der Grund, wieso Frau Dr. Grütters der Journalistin im Interview kaum in die Augen schauen kann.

An dieser unerträglichen Situation muss sich umgehend etwas ändern! Zudem weiß niemand, wie lange uns die Covid-19-Krise noch begleiten wird, wie ausgedehnt die Durststrecke für KünstlerInnen sein wird. Aus diesem Grund schließt sich art but fair Deutschland der Forderung des Deutschen Musikrates an, ein vorerst auf sechs Monate begrenztes Grundeinkommen für alle freiberuflichen Kreativschaffenden in Höhe von 1.000 Euro zu schaffen.

Wachen Sie endlich auf, Frau Dr. Grütters!

(Johannes Maria Schatz)

Nachlese zur 8. Arbeitsmarktkonferenz Medien und Kultur

Es muss vergnüglich hergegangen sein bei der 8. Arbeitsmarktkonferenz Medien und Kultur in Köln am frühen Morgen. Ich war leider zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend, sondern stieß erst nachmittags hinzu. Die Podiumsdiskussion, an der ich teilnahm stand unter dem Motto: „Zwischen Mindestlohn und Tantiemen: neue Entgelt- und Lohnmodelle?“.

Natürlich erkundigte ich mich im Vorfeld bei meinen Mitdiskutanten, wie der Morgen gelaufen sei. Mit sichtlich verärgerter Miene erzählten man mir, dass sich die Damen und Herren Politiker – Dank tatkräftiger Unterstützung (man lese und staune) der WDR Abteilungsleiterin Programmdesign und Multimedia, Karin Sarholz – hervorragend aus der Kulturmisere hätten stehlen können. Die Steilvorlage der Trägerin des Kurt-Magnus-Preises für Hörfunkjournalismus: Schon junge ArbeitnehmerInnen kämen mit unverschämten Forderungen nach einer guten Life-Work-Ballance an. Darauf hätte man doch frühestens mit 40 oder 50 einen Anspruch. Zu Beginn eines Arbeitslebens hieße es ganz einfach, viel und hart zu arbeiten! Die Vorstellungen mancher jungen Leute seien doch absurd, am Wochenende bitte nicht vom Arbeitgeber angerufen zu werden. Die KünstlerInnen von heute hätten alle viel zu viel „Wir Kinder aus Bullerbü“ gelesen.

Wir erinnern uns an das Kinderbuch Astrid Lindgrens: Lisas Mama sagt dort, dass es "Bullerbü" heiße, weil die Kinder in Bullerbü so viel herumbullerten. Man könne einfach nicht begreifen, wie es sechs Kinder schafften, einen solchen Lärm zu machen. Wir KünstlerInnen bullerten also viel zu viel herum, machten viel zu viel Lärm!

Jubel und Applaus bei den anwesenden Damen und Herren des Establishments. Genau: Der Markt regle das schon alles. Die Politik müsse nicht eingreifen, sei auch gar nicht zuständig. Alles halb so wild. Viel zu viel Lärm (um nichts)!

Ich traute meinen Ohren kaum!

Liebes Establishment, bislang waren wir alle noch viel zu brav. Der kulturpolitische Kuschelkurs ist von unserer Seite aus seit Dienstag vorbei! Bislang hatten wir in Interviews immer die Eigenverantwortung der betroffenen KünstlerInnen hervor gehoben. Das scheint aber kontraproduktiv gewesen zu sein (obwohl es natürlich noch immer richtig ist). Der Fokus wird sich nun bei uns verschieben: Wer öffentliche Fördermittel verteilt, ist auch verantwortlich zu überprüfen, wie diese eingesetzt werden, und zwar mit allen Konsequenzen!

In einem Land, in dem tagtäglich Sozialversicherungsbetrug stattfindet, der dann dazu führt, dass KünstlerInnen später in der Altersarmut landen, in einem solchen Land, ist noch viel zu wenig herumgebullert worden!

In einem Land, in dem die Besetzung von Filmrollen noch immer mit der unverhohlenen Frage verbunden wird, ob die Schauspielerin denn auch bereit wäre, mit dem Produzenten demnächst in den Urlaub zu fliegen, in einem solchen Land, ist noch viel zu wenig herumgebullert worden!

Und: In einem Land, in dem Proben nicht bezahlt werden, die KünstlerInnen nicht versichert sind, dennoch aber Arbeitsunfälle auf der Bühne geschehen, dann aber nicht sofort der Notarzt gerufen, sondern der Betroffene auf den Gehsteig getragen wird, um ein Fahrrad hinzu zulegen und jetzt erst die 110 gewählt wird, in einem solchen Land, ist noch viel zu wenig herumgebullert worden!

Liebe Karin Sarholz, mit Verlaub, Sie haben keine Ahnung wie es in unserem Land wirklich zugeht!

(Johannes Maria Schatz)


(von: Johannes Maria Schatz, Vorsitzender von art but fair Deutschland)

Sehr geehrte Frau Dr. Palfrader,

Sehr geehrter Herr Mag. Meindl,

Sehr geehrter Herr Dr. Haselsteiner,

Schon der erste Satz Ihrer Pressemitteilung vom 15.11.2019 ist eine Verhöhnung nicht nur der Wahrheit, sondern der betroffenen Damen und Herren, die jahrelang unter Herrn Kuhn und seinem Team in Erl leiden mussten. „Mit dem Bekanntwerden der im Raum stehenden Anschuldigungen haben wir als Stiftungsvorstand umgehend auf eine lückenlose Aufklärung hingearbeitet“ schreiben Sie da.

Wir erinnern an die Fakten, es ist eine Chronik des Versagens:

1. Ihre erste Reaktion auf die Enthüllungen von Herrn Wilhelm und art but fair international war am 14.02.2018 folgende (Zitat Ihrer Pressesprecherin Angelika Ruge im Standard): „Wir werden wegen dieser Vorwürfe rechtliche Schritte gegen Herrn Wilhelm in die Wege leiten.“

2. Auf unsere Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 28.02.2018 reagierten Sie wie folgt (Zitat Hans Peter Haselsteiner in der Wiener Zeitung): „Die Anschuldigungen seien eine ‚Schweinerei erster Ordnung. Wir sind offensichtlich Opfer einer Verleumdungskampagne.“

3. Auf die (inzwischen als begründet nachgewiesenen) Vorwürfe des Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, ließen Sie in einer Pressemitteilung vom 11.03.2018 mitteilen: „Durch die vielen falschen Berichte, basierend auf Beschuldigungen von anonymen Musikern, art but fair und Markus Wilhelm, ist das Bild eines auf Almosen angewiesenen Orchesters entstanden, dass sie umgehend korrigieren wollen.“ Sie Herr Dr. Haselsteiner werden in der Süddeutschen Zeitung vom 14.03.2018 wie folgt zitiert: "Jemand will Kuhn kastrieren", "geifernd mit dem Messer:"

4. In einer APA Meldung lässt sich am 18.05.2018 von Mag. Yildirim mahnend nachlesen: „Die veröffentlichte Gagenordnung ist unzureichend. Es ist nicht nachvollziehbar, was ein einfaches Orchester- oder Chormitglied tatsächlich verdient. … Diese Vorfälle und die Betroffenen ernst nehmen, sensibilisieren und entschlossen dagegen vorgehen, das sehe ich als unsere Aufgabe. Dem Kulturminister ist dies offensichtlich kein besonderes Anliegen. Er plant auf meine Nachfrage keine Beratungsstelle und keine weiteren Maßnahmen dazu.“

5. Selbst nach dem Offenen Brief der fünf mutigen Damen vom 25.07.2018 lassen Sie sich, Herr Dr. Haselsteiner in der Opernwelt noch folgendermaßen zitieren: „Kuhn mache aus seinen Vorlieben eben keinen Hehl. Wein, Weib und Gesang – was wir gut nachvollziehen können.“ Und wie zur Verhöhnung aller Opfer setzen Sie in einer schriftlichen Reaktion sogar noch einen oben drauf: „Allerdings werde ich diesbezüglich erst ab Montag tätig werden, um das Ende der Festspiele abzuwarten.“

6. Noch Anfang August 2018 wollen Sie sich, Frau Dr. Palfrader, Ihrem grünen Koalitionspartner in der Forderung nach einem Aus für Gustav Kuhn als Dirigent in Erl nicht anschließen. "Die Frage des Dirigats stellt sich derzeit nicht“ zitiert Sie news.at am 02.08.2018. Auf die Frage, ob Kuhn in Erl als Dirigent auftreten werde, meinen Sie: "Das sehen wir dann im Herbst". Die Vorwürfe, dass Kuhn "Rollen nach bestimmten Kriterien" vergeben habe, würden Kuhns Position als künstlerischer Leiter betreffen, weshalb in Hinsicht auf den Dirigenten noch keine Konsequenzen erfolgten.“

7. Der Standard kommt am 13.08.2018 zu dem zutreffenden und vernichtenden Urteil: „Nach dem Öffentlichwerden der ‚Causa Kuhn‘ bei den Festspielen Erl ist in Tirol wenig geschehen, das zur Aufarbeitung der Angelegenheit geeignet wäre. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die politisch-medialen Verhältnisse im Westen.“ Und weiter: „Die Glaubwürdigkeit der Opfer wird in Zweifel gezogen, und Täter werden zu Opfern stilisiert. Jenen Künstlerinnen, die Ende Juli Gustav Kuhn Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe vorwarfen, wurde prompt – und wider besseres Wissen – unterstellt, sie hätten die Vorwürfe erhoben, weil sie nicht mehr engagiert worden waren.“

8. Selbst nach der erfolglosen Pressekonferenz in Erl auf der sich sieben Künstler und Angestellte der Festspiele Erl in einer Pressekonferenz mit der Botschaft „Wir wollen Gustav Kuhn zurück“ an die Öffentlichkeit wandten und ein Sprecher der Solisten sagte, man fühle sich durch die Suspendierung Kuhns vom Stiftungsrat der Festspiele hintergangen, da dies seiner Ansicht nach einer Vorverurteilung gleichkomme“ stimmen Sie, Herr Dr. Haselsteiner, im Stiftungsrat noch immer FÜR Herrn Kuhn.

9. Faktisch reagierten Sie erst nach Herrn Kuhns legendärem ZIB2 Interview vom 22.10.2018, in dem er sich mit seinen Aussagen "Was sind sexuelle Übergriffe?" oder „Es gibt ja auch Missverständnisse“ selbst ins endgültige Aus schoss. Erst jetzt, ein dreiviertel Jahr nach den ersten Veröffentlichungen, präsentieren Sie Herrn Loebe als Nachfolger.

Sie, werte Dame und werte Herren haben weder „wesentliche Schritte gesetzt“ noch haben Sie Ihre „Verantwortung sehr ernst genommen“. Sie haben mit Nichten „unmittelbar reagiert“. Im Gegenteil: Sie haben investigativen Journalismus gerichtlich bekämpft und auf die Anzeige von art but fair international abgestritten, verschleiert und unendlich verzögert! Keine der im Raum stehenden Anschuldigungen haben Sie ernst genommen und Sie haben alles dafür getan, die Glaubwürdigkeit der Betroffenen zu beschädigen, zuletzt bei Ihrer Pressekonferenz im Oktober, auf der der interimistische künstlerische Leiter Ihrer Festspiele, Andreas Leisner, in den Raum stellte, dass die Aussagen der Opfer erkauft gewesen sein könnten.

Zu keiner Zeit waren Sie „bestürzt“ und schon gar nicht „zutiefst betroffen“! Sie waren weder an einer „raschen, lückenlosen“ noch einer „neutralen Aufklärung“ interessiert! Im Gegenteil: Sie haben zehn Monate lang auf ganzer Linie als Stiftungsvorstand versagt!

Und jetzt mit Ihrer jüngsten Pressemitteilung – ein ganzes Jahr später – versagen Sie ein weiteres mal. Es ist schon schlimm genug, dass die Opfer Sie dazu auffordern mussten, aber abgründig ist es, dass Sie weiterhin eine öffentliche Entschuldigung verweigern!

Das Alles zeugt davon, dass Sie bis heute nichts, aber auch gar nichts dazugelernt haben! Sie, verehrte Frau Dr. Palfrader und Sie, geehrter Herr Dr. Haselsteiner, sollten sich schämen und umgehend Ihren Rücktritt aus allen Ämtern bei den Tiroler Festspielen erklären! Nur so kann ganz offensichtlich ein unbelasteter Neuanfang in Erl gelingen!

Sehr geehrter Herr Mag. Meindl, Sie wurden von uns im Mai und Dezember 2018 im Bundeskanzleramt vollumfänglich über unseren Kenntnisstand informiert. Sie versprachen Transparenz und signalisierten ein entschlossenes Vorgehen. Sie wissen, dass Herr Kuhn kein Einzeltäter war. Ein solches System, das gleich auf mehreren Ebenen versagte, wird von vielen Personen getragen. Die Tiroler Festspiele tragen darum eine Verantwortung als Ganzes. Eine Entschuldigung ist unumgänglich, damit die gerissenen Wunden heilen können. Als Verantwortlicher auf Bundesebene sind Sie in der Verantwortung, das zu tun, was Frau Dr. Palfrader und Herr Dr. Haselsteiner verweigern. Wir zählen auf Sie!

Für die drei internationalen Vorstände von art but fair

Johannes Maria Schatz

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hochverehrtes Publikum,

ich habe heute Abend die ehrenvolle Aufgabe eine Laudatio zur aller ersten Vergabe der GOLDENEN STECHPALME zu halten. Sie geht in diesem Falle an eine Landesbehörde, an deren Spitze ein Mann steht, den sie nach meiner Rede sicherlich erkannt haben werden.

Wieso hat die Jury von art but fair ausgerechnet mich für diese Aufgabe ausgewählt? Vielleicht weil ich bei vielen biografischen Daten so ganz ähnlich und dennoch so ganz anders bin als er:

Er ist Jahrgang 1966, ich 1967.

Er ist geboren im Nordosten unseres Landes, in Ost Berlin, ich im Südwesten am Bodensee.

Er war Bausoldat bei der NVA, ich Offizier der Bundeswehr.

Er studierte evangelische, ich katholische Theologie.

Er war Studienleiter für gesellschaftspolitische Jugendbildung, ich war Leiter eines Bildungszentrums mit dem Schwerpunkt musisch-kultureller Jugendbildung.

Er ist SPDler, ich war FDPler.

Er wurde 2011 Kultusminister, ich 2013 Vorsitzender von art but fair Deutschland, einer Initiative für gerechte Arbeitsbedingungen und faire Gagen in der Darstellenden Kunst und der Musik.

Sie sehen: So ähnlich und doch so, so verschieden!

Wissen Sie schon, von wem ich spreche?

Ich gebe Ihnen weitere Hinweise:

Das Anhaltische Theater hier in Dessau-Roßlau ist ein kommunales Mehrspartenhaus mit Musiktheater, Schauspiel, Ballett, der Anhaltischen Philharmonie sowie einem Puppentheater. Doch dem Haus mit einer mehr als zweihundertjährigen Tradition drohen erhebliche Einschnitte durch eine Kürzung der Mittel durch die Landesregierung, die unser Preisträger zu verantworten hat. Deswegen steht Ihr Haus seit Ende des Jahres auf der Roten Liste des Deutschen Kulturrates.

Respekt möchte man da ausrufen!

Aus Protest gegen die Kürzung der Kulturförderung gibt auch der Intendant der Oper Halle, Axel Köhler, seine Stelle auf. Er könne die geplanten Strukturanpassungen mit erheblichen Stellenstreichungen nicht mittragen. Nach 30-jähriger künstlerischer Tätigkeit in Halle und an der Oper stehe er für eine Vertragsverlängerung nicht mehr zur Verfügung.

Respekt kann man da nur ausrufen!

Last but not least: Ebenfalls auf der Roten Liste des Deutschen Kulturrates steht die Landesbühne Sachsen-Anhalt. In der Lutherstadt – man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen – Eisleben schlagen die Wogen ebenfalls hoch. Schon im Juni 2013 versammelten sich in Eisleben zahlreiche Schauspieler und Einwohner zu einem Trauermarsch, da die Schließung des Hauses dramatisch nah rückt.

Respekt will es da aus einem herausschreien!

Angesichts dieser Faktenlage klingt das Zitat unseres Preisträgers: „Kein Standort wird aufgegeben!“ oder „Das Kulturland Sachsen-Anhalt muss nicht gerettet werden, es ist lebendig und lebt sehr intensiv!“ bei der 63. Landtagssitzung am 26. März mehr als zynisch!

Wir alle wissen über die Bedeutung von Kultur. Kunst und Kultur können enorme zivilisatorische Kräfte frei setzen. Sie spiegeln die Seele eines Volkes und seiner politischen Führungskräfte wider. Welche Fratze also erkennen wir in der Widerspiegelung unseres Preisträgers?

Verehrtes Publikum, haben Sie inzwischen erraten, wem meine Laudatio gilt? Wissen Sie nun, wieso so viele Künstler in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihn auf Platz eins gewählt haben, als einem Kulturverantwortlichen, der die traurigsten und unverschämtesten Vorkommnisse in der Darstellenden Kunst und Musik für das Jahr 2013 zu vertreten hat?

Ich bin mir sicher: Sie wissen es!

So ähnlich und doch so verschieden...

Er erhält den Preis, ich verleihe ihn!

Meine Damen und Herren, die Goldene Stechpalme 2013 geht an...

Das Kultusministerium Sachsen-Anhalt und seinen Kultusminister...

Herrn Stephan Dorgerloh!

(Johannes Maria Schatz)